
Der Wettergott muss ein Appenheimer sein, denn pünktlich zum Flohmarkt-Auftakt lässt sich die Sonne blicken. Über 70 Standbetreiber hatten ihre Schätze aus Keller und Dachboden geräumt und in ihren Höfen oder Garagen die Ware aufgebaut. Und die Besucher kommen. Nicht nur Einwohner nutzen die Chance, ein Schnäppchen zu ergattern, sondern aus vielen umliegenden Gemeinden zieht es die Gäste zum Dorfflohmarkt. Ein Parkchaos bleibt aus, die meisten stellen ihr Auto in den Einfallstraßen ab.

Im Ortskern sind alle zu Fuß unterwegs, fast herrscht Volksfeststimmung. Viele der Einfahrten, in denen es etwas zu kaufen gibt, sind mit Fahnen oder Luftballons gekennzeichnet. Auch der Garten des Gemeindehauses ist geschmückt und lädt die Spaziergänger zum Eintreten ein. Zur Kaffeezeit herrscht großer Trubel, die Schlange an der Kuchentheke ist lang und die ausrangierten Möbel der Hundertguldenmühle kommen endlich mal wieder zum Einsatz. Freiwillige Helfer hatten sie zuvor mit Eimer, Seife und Putzlappen frühjahrsfein gemacht und die Gartentische mit Blümchen dekoriert. Gäste von außerhalb fragen, ob man hier nicht dauerhaft ein Café einrichten könnte.

Das Gemeindehaus ist zentraler Treffpunkt, man kommt zusammen und es werden Erfahrungen ausgetauscht. Stolz präsentiert Miriam, die im Sommer nach Appenheim ziehen wird, ihre außergewöhnliche Errungenschaft: „Das Hirschgeweih hänge ich im Flur über die Haustür!“ Martin ist glücklich mit seiner neuen Gitarre, die er für zwei Euro erstanden hat und nun restaurieren möchte und Marla freut sich auf den ersten Einsatz ihrer Meerjungfrauenflosse im Schwimmbad. Beim Stand der Bücherei haben viele Schmöker einen neuen Besitzer gefunden. Die Appenheimer Kinder waren auch fleißig im Dorf unterwegs. Was bei dem einen aussortiert wurde, hat nun einen Platz in einem anderen Kinderzimmer gefunden. „Es ist eine Art Ringtausch, der nachhaltig ist und alle glücklich macht“, freut sich Liane.

Es ist also einiges verkauft worden. Familie Kley entscheidet sich, ihren Erlös der Bücherei zu spenden und den Betrag sogar auf 250 € zu verdoppeln. Ein tolles Dankeschön für die Organisatoren. Die meisten Standbetreiber sind mit ihrem Umsatz grundsätzlich zufrieden. Aber selbst bei denen, wo die Münzen nicht in großem Maß in der Kasse klingeln, herrscht gute Stimmung. „Ich habe schon lange nicht mehr so viele nette Gespräche geführt“, erzählt eine ältere Dame. Und Mike berichtet, er sei bei einer Flasche Wein mit Rudolfo so gut ins Erzählen gekommen, dass sie sich gleich wieder verabredet hätten. Das Ziel, Begegnungen zu schaffen, Neubürger zu integrieren und Leute wieder zu treffen, die man lange nicht gesehen hat, ist also geglückt.
Als „glücklichster Mann des Tages“ wird Markus betitelt, der den ganzen Nachmittag mit dem „Ringtaxi“, bestehend aus Traktor und Planwagen, durch den Ort fährt. Besucher können so auch die abgelegeneren Straßen im Ort erreichen und sich kostenlos kutschieren lassen. Alle Haltestellen werden liebevoll ausgerufen. Bei den hauptsächlich kleinen Gästen sind die Plätze auf dem Bock oder am Ausstieg besonders beliebt, wo Matti und Julius die Füße durchs Geländer baumeln lassen.

Beim Dorfflohmarkt gibt es in diesem Jahr nicht nur Trödel, sondern Appenheim wird zur kleinen Fressmeile. Neben Kuchen, Waffeln und Crêpes lockt an verschiedenen Stellen auch eine frisch gebrutzelte Bratwurst. Das Weingut Knewitz nutzt die Gunst der Stunde und veranstaltet gleich seine Weinprobiertage im gut besuchten Innenhof. Anerkennung gibt es von den anderen Winzern.
Um kurz vor sechs werden die Tische zusammengeklappt, alle Kisten wieder eingepackt. Was sich noch gut verkaufen lässt, wandert wieder auf den Speicher und wartet auf den nächsten Einsatz. Kleinkram kommt in einen offenen Karton und so findet man am Sonntag noch die ein oder andere „zu verschenken“-Kiste auf dem Bürgersteig.